Do23.10.0800:00

Nachhaltigem Bauen gehört die Zukunft

Von: Institut Bauen und Umwelt e.V.

Interview mit dem Geschäftsführer des Instituts Bauen und Umwelt, Dipl.-Ing. Hans Peters

Dipl. Ing. Hans Peters sieht in dem kommenden Nachhaltigkeitspass ein echtes Zeugnis das alle Aspekte zukunftsfähigen Bauens gleichermaßen in die Bewertung aufnimmt und so eine gezielte Planung am individuellen Objekt ermöglicht. Bild: tdx/Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU e.V.)

(tdx) Bauen und Umwelt gehören unmittelbar zusammen. Bauen formt die Umwelt und schafft Lebensraum. Doch Bauwerke sind auch material- und energieintensiv und somit wesentliche Eingriffe in die Umwelt. So wird das Erfordernis des nachhaltigen Bauens immer deutlicher. Federführend in Deutschland hat das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU e.V.) ein Konzept entwickelt, um mit so genannten Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) ein sachgerechtes Mittel zur Ermittlung und Angabe von technischen und umweltrelevanten Leistungsmerkmalen von Bauprodukten für das Nachhaltige Bauen vorzustellen.

Was unter dem Begriff "Nachhaltigkeit" zu verstehen ist, erklärt der Geschäftsführer des Instituts Bauen und Umwelt e.V. (IBU e.V.), Dipl.-Ing. Hans Peters:

"Nachhaltigkeit bedeutet, die Lebensqualität heutiger und künftiger Generationen im Blick zu behalten. Gerade bei Gebäuden, die auf eine lange Lebensdauer ausgerichtet sind, ist dies besonders wichtig. Doch alleine die Gewährleistung des zeitlichen Bestands deckt die Anforderung an zukunftsfähige "Lebensqualität" nicht annähernd ab. Erst die vier Aspekte der Nachhaltigkeit zusammen - Ökonomie, Ökologie, Sozio-Kulturelles und technische Leistungsfähigkeit - bestimmen Lebensqualität und Verantwortung gegenüber Umwelt und Nachkommen."

Wie sieht das konkret aus?

Peters: "Entscheidend ist die ganzheitliche Betrachtung des Gebäudes vor dem Hintergrund seiner Nutzung und das über den gesamten Lebenszyklus. Vor diesem Hintergrund definieren Umwelt-Produktdeklarationen die technische und umweltrelevante Leistungsfähigkeit von Baustoffen und Bauprodukten. Dies ist bereits für die Planungsphase wichtig. Von Beginn an kann auf eine sparsame Verwendung von Ressourcen geachtet werden. Grundlagen, die hier gelegt werden, beeinflussen nicht nur die Umweltwirkungen in der Bauphase z.B. durch die Herstellung, den Transport und die Verarbeitung der Baustoffe. Ökologischen und sozialen Bezug hat die Planung unter anderem im Hinblick auf Auswahl des Standorts und das Ausmaß des Flächenverbrauchs. Der Begriff "soziokulturell" betrifft die Nutzung des Gebäudes sowie auch dessen Qualität, was relevant ist für Anleger und andere Interessensgruppen. In ökonomischer Hinsicht spielt die Planung natürlich eine wesentliche Rolle im Hinblick auf die Baukosten. Alle drei Aspekte müssen ausgewogen berücksichtigt werden."

Wie sieht es mit der Nutzung des Gebäudes bzw. einem möglichen Abriss und Recycling aus?

Peters: "Da Gebäude auf eine lange Nutzung ausgelegt sind, fallen die Auswirkungen der Nutzungsphase besonders ins Gewicht, beispielsweise die Energie-Effizienz. Deshalb ist bei der Auswahl von Bauprodukten und Konstruktionen sowohl auf Langlebigkeit als auch auf deren Leistungsfähigkeit zu achten. Kosten und Umweltwirkungen des Gebäudebetriebs und nötiger Sanierungen lassen sich durch die Produktwahl genauso positiv beeinflussen wie eine gesunde Raumluft, das Gebäudeklima und die Nutzungsfreundlichkeit als soziale Aspekte. Letztendlich werden auch die Grundlagen für die Wirkungen eines Gebäuderückbaus in der Planungsphase gelegt. Demontagefreundlichkeit und Wiederverwendbarkeit bzw. -verwertbarkeit sind hier Stichworte aus Umweltsicht. Auch die möglichst gefahrlose Durchführbarkeit der Arbeiten in dieser wie in allen Lebensphasen des Gebäudes zählt dazu."

Was versteht man unter einer Umwelt-Produktdeklaration?

Peters: "Eine umfassende Deklaration - engl. Environmental Product Declaration, EPD - beinhaltet in ausführlicher Form bauphysikalische Angaben, Informationen zu Grundstoffen und zur Stoffherkunft, Beschreibungen zur Produktherstellung, Hinweise zur Produktverarbeitung, Angaben zum Nutzungsstand, zu außergewöhnlichen Einwirkungen, zur Nachnutzungsphase und - als Kern - zu Ökobilanzergebnissen. Aus Gründen der Qualitätssicherung, der Glaubwürdigkeit sowie der internationalen Anerkennung ist im Falle der IBU-Deklaration ein externer und unabhängiger Sachverständigenausschuss angegliedert, der die Vorgaben entwirft und die Ergebnisse kritisch prüft."

Welchen Nutzen haben diese EPDs für Bauherren und Architekten?

Peters: "Der Hauptnutzen liegt darin, dass umwelt- und gesundheitsbezogene Informationen zu Bauprodukten für jeden verlässlich überprüfbar sind und insbesondere nach einheitlichen Erfassungsmethoden erstellt werden. Gebäude, die nachweislich den Kriterien nachhaltigen Bauens entsprechen bieten nicht nur ein gesundes Wohnraumklima, sondern im Vergleich zu herkömmlich erstellten Häusern einen deutlichen Wertvorteil. Insgesamt bieten sie den Bewohnern oder Nutzern ein garantiertes Maß an Qualität während der gesamten Nutzungsdauer."

Nach welchem Schema erstellt das IBU solche Umwelt-Produktdeklarationen?

Peters: "Bei der Beschreibung der Bauprodukte bedient sich das IBU eines Deklarationsrasters, das international abgestimmt ist und einem ÖKO-Label Typ III entspricht. Bei der Prüfung wird der gesamte Lebenszyklus eines Bauproduktes betrachtet. Umweltrelevante und quantitative Sachverhalte wie beispielsweise der Energie- und Ressourceneinsatz, aber auch der Beitrag des Produktes zum Treibhauseffekt werden wertfrei dargestellt, um das komplexe Zusammenwirken mit anderen Baumaterialien in einem Gebäude sachgerecht beurteilen zu können."

Was ist das besondere an der IBU-Umwelt-produktdeklaration?

Peters: "Die IBU-Umweltdeklaration für Bauprodukte entstand in enger Verzahnung mit Bau- und Umweltbehörden in Deutschland sowie dem internationalen Normungsprozess. Die Umweltdeklaration und deren Kern , die Ökobilanz basiert auf der internationalen Norm ISO 14025 sowie der 14040er Reihe. Gleichzeitig findet schon die ISO CD 21930 "environmental declarations of building products" Berücksichtigung. Das Institut Bauen und Umwelt ist derzeit in Deutschland die einzige Organisation, die dieses Know-how hat und die konsequent nach den international abgestimmten Vorgaben zertifiziert. An der Prüfung ist ein unabhängiger Sachverständigen-Ausschuss aus Fachleuten von Hochschulen, dem Bauministerium, dem Umweltbundesamt sowie weiteren Experten auch von Umweltschutzverbänden, beteiligt. Das IBU-Siegel hat daher eine sehr hohe Aussagenkraft, Akzeptanz und Glaubwürdigkeit."

Welchen Sinn macht eine EU-weit einheitliche Produktdeklaration?

Peters: "Fakt ist, dass die europaweite Harmonisierung sowohl bei der Normierung als auch bezüglich Handel und Verkauf umgesetzt werden muss. Demnach werden in Zukunft alle Produkte im europäischen Markt gleichen Standards unterliegen."

Werden Baustoffe mit EPDs teurer als vergleichbare ohne diese Zertifizierung?

Peters: "Sie werden mittelfristig sogar günstiger. Das liegt vor allem daran, dass künftig immer mehr Ausschreibungen die Umwelt-Produktdeklarationen zur Pflicht machen. Bei Baumaßnahmen des Bundes werden laut Aussagen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bereits ab 2009 Bauprodukte mit Umwelt-Informationen bevorzugt. Die Nachfrage wird sich also verschieben und damit auch die Preissituation zugunsten der zertifizierten Produkte beeinflussen."

Wird eine Produktdeklaration möglicherweise gesetzliche Pflicht?

Peters: "Wir befinden uns zwar noch in den Anfängen mit der zukünftigen Bauprodukten-Richtlinie, es ist aber davon auszugehen, dass entsprechende Gesetzesvorlagen geschaffen werden und dies somit für Gebäude der öffentlichen Hand schon mittelfristig Vorschrift wird. Private Investoren werden nachziehen; der "Nachhaltigkeits-Pass" kommt."

Weitere Informationen sind erhältlich beim Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU e.V.), Rheinufer 108, 53639 Königswinter, Telefon: (022 23) 29 66 79-3, Telefax: (022 23) 29 66 79-1, E-Mail: info@bau-umwelt.com oder im Internet unter www.bau-umwelt.com.

Über das Institut Bauen und Umwelt e.V.

Das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU e.V.) - ehemals AUB - ist entstanden aus einer Initiative von Bauproduktherstellern, die sich entschieden haben, der Forderung nach mehr Nachhaltigkeit im Bauwesen gemeinsam Nachdruck zu verleihen. Im Mittelpunkt steht die Überzeugung von der Richtigkeit des Nachhaltigkeitsgedankens. Die IBU-Mitglieder kommen bisher im Wesentlichen aus den Bereichen Dämmstoffe, Holzwerkstoffe, mineralische Baustoffe und Metalle. Die Mitgliedsunternehmen erarbeiten mit externen Experten umfassende Öko-Bilanzen. Nach einem unabhängigen Prüfverfahren wird eine IBU-Produktdeklaration ausgestellt und damit ein Öko-Label Typ III verliehen. Öko-Label Typ III sind ein "Profi-Instrument" und zeichnen sich durch eine hohe Informationsqualität aus.

Die IBU-Umweltproduktdeklaration für Bauprodukte entstand in enger Verzahnung mit Bau- und Umweltbehörden in Deutschland sowie dem internationalen Normungsprozess. Die Umweltdeklaration basiert auf den internationalen Normen ISO 14025, sowie konkretisierend auf ISO CD 21930 "environmental declarations of building products". Das IBU ist derzeit in Deutschland die einzige unabhängige Organisation, die konsequent nach der international bereits abgestimmten Normung verfährt. Die Herstellerangaben überprüft ein unabhängiger Sachverständigen-Ausschuss aus Experten von Hochschulen, dem Bauministerium, der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), dem Umweltbundesamt sowie weiteren Experten von Umweltschutzverbänden. Das IBU-Siegel hat daher eine sehr hohe Aussagekraft, Glaubwürdigkeit und Akzeptanz.

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