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Nachhaltigem Bauen gehört die Zukunft

Von: Institut Bauen und Umwelt e.V.

Die Erfordernis nachhaltigen Bauens wird immer deutlicher. Was unter dem Begriff „Nachhaltigkeit“ zu verstehen ist, erklärt der Geschäftsführer des Instituts Bauen und Umwelt e.V. (IBU), Dipl.-Ing. Hans Peters.

Das Thema Nachhaltigkeit ist auf dem Vormarsch und zieht sich durch sämtliche (Lebens-) Bereiche. Was unter nachhaltigem Bauen zu verstehen ist, erklärt der Geschäftsführer des Institut Bauen und Umwelt, Dipl.-Ing. Hans Peters. Bild: tdx/IBU Institut Bauen und Umwelt

(tdx) Bauen und Umwelt gehören unmittelbar zusammen. Bauen formt die Umwelt und schafft Lebensraum. Doch Bauwerke sind auch material- und energieintensiv und somit wesentliche Eingriffe in die Umwelt. Federführend in Deutschland hat das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU e.V.) ein Konzept entwickelt, um mit so genannten Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) ein sachgerechtes Mittel zur Ermittlung und Angabe von technischen und umweltrelevanten Leistungsmerkmalen von Bauprodukten für das Nachhaltige Bauen vorzustellen.

 

Peters: „Nachhaltigkeit bedeutet, die Lebensqualität heutiger und künftiger Generationen im Blick zu behalten. Gerade bei Gebäuden, die auf eine lange Lebensdauer ausgerichtet sind, ist dies besonders wichtig. Doch alleine die Gewährleistung des zeitlichen Bestands deckt die Anforderung an zukunftsfähige „Lebensqualität“ nicht annähernd ab. Erst die vier Aspekte der Nachhaltigkeit zusammen - Ökonomie, Ökologie, Sozio-Kulturelles und technische Leistungsfähigkeit - bestimmen Lebensqualität und Verantwortung gegenüber Umwelt und Nachkommen.“

 

Wie sieht das konkret aus?

 

Peters: „Entscheidend ist die ganzheitliche Betrachtung des Gebäudes vor dem Hintergrund seiner Nutzung und das über den gesamten Lebenszyklus. Vor diesem Hintergrund definieren Umwelt-Produktdeklarationen die technische und umweltrelevante Leistungsfähigkeit von Baustoffen und Bauprodukten. Dies ist bereits für die Planungsphase wichtig. Von Beginn an kann auf eine sinnvolle Verwendung von Ressourcen geachtet werden. Grundlagen, die hier gelegt werden, beeinflussen nicht nur die Umweltwirkungen in der Bauphase z.B. durch die Herstellung, den Transport und die Verarbeitung der Baustoffe. Ökologischen und sozialen Bezug hat die Planung unter anderem im Hinblick auf Auswahl des Standorts und das Ausmaß des Flächenverbrauchs. Der Begriff „soziokulturell“ betrifft die Nutzung des Gebäudes sowie auch dessen Qualität, was relevant ist für Anleger und andere Interessensgruppen. In ökonomischer Hinsicht spielt die Planung natürlich eine wesentliche Rolle im Hinblick auf die Bau- und Unterhaltskosten. Alle drei Aspekte müssen ausgewogen berücksichtigt werden.“

 

Wie sieht es mit der Nutzung des Gebäudes bzw. einem möglichen Abriss und Recycling aus?

 

Peters: „Da Gebäude auf eine lange Nutzung ausgelegt sind, fallen die Auswirkungen der Nutzungsphase besonders ins Gewicht, beispielsweise die Energie-Effizienz. Deshalb ist bei der Auswahl von Bauprodukten und Konstruktionen sowohl auf Langlebigkeit als auch auf deren Leistungsfähigkeit zu achten. Kosten und Umweltwirkungen des Gebäudebetriebs und nötiger Sanierungen lassen sich durch die Produktwahl genauso positiv beeinflussen wie eine gesunde Raumluft, das Gebäudeklima und die Nutzungsfreundlichkeit als soziale Aspekte. Letztendlich werden auch die Grundlagen für die Wirkungen eines Gebäuderückbaus in der Planungsphase gelegt. Demontagefreundlichkeit und Wiederverwendbarkeit bzw. -verwertbarkeit sind hier Stichworte aus Umweltsicht. Auch die möglichst gefahrlose Durchführbarkeit der Arbeiten in dieser wie in allen Lebensphasen des Gebäudes zählt dazu.“

 

Was versteht man unter einer Umwelt-Produktdeklaration?

 

Peters: „Eine umfassende Deklaration - engl. Environmental Product Declaration, EPD - beinhaltet in ausführlicher Form bauphysikalische Angaben, Informationen zu Grundstoffen und zur Stoffherkunft, Beschreibungen zur Produktherstellung, Hinweise zur Produktverarbeitung, Angaben zum Nutzungsstand, zu  außergewöhnlichen Einwirkungen, zur Nachnutzungsphase und - als Kern - zu Ökobilanzergebnissen. Aus Gründen der Qualitätssicherung, der Glaubwürdigkeit sowie der internationalen Anerkennung ist im Falle der IBU-Deklaration ein externer und unabhängiger Sachverständigenausschuss angegliedert, der die Vorgaben entwirft und die Ergebnisse kritisch prüft.“

 

Welchen Nutzen haben diese EPDs für Bauherren und Architekten?

 

Peters: „Der Hauptnutzen liegt darin, dass umwelt- und gesundheitsbezogene Informationen zu Bauprodukten für jeden verlässlich überprüfbar sind und insbesondere nach einheitlichen Erfassungsmethoden erstellt werden. Gebäude, die nachweislich den Kriterien nachhaltigen Bauens entsprechen bieten nicht nur ein gesundes Wohnraumklima, sondern im Vergleich zu herkömmlich erstellten Häusern einen deutlichen Wertvorteil. Insgesamt bieten sie den Bewohnern oder Nutzern ein garantiertes Maß an Qualität während der gesamten Nutzungsdauer.“

 

Nach welchem Schema erstellt das IBU solche Umwelt-Produktdeklarationen?

 

Peters: „Bei der Beschreibung der Bauprodukte bedient sich das IBU eines Deklarationsrasters, das international abgestimmt ist und einem ÖKO-Label Typ III entspricht. Bei der Prüfung wird der gesamte Lebenszyklus eines Bauproduktes betrachtet. Umweltrelevante und quantitative Sachverhalte wie beispielsweise der Energie- und Ressourceneinsatz, aber auch der Beitrag des Produktes zum Treibhauseffekt werden wertfrei dargestellt, um das komplexe Zusammenwirken mit anderen Baumaterialien in einem Gebäude sachgerecht beurteilen zu können.“

 

Was ist das besondere an der IBU-EPD?

 

Peters: „Die IBU-Umweltdeklaration für Bauprodukte entstand in enger Verzahnung mit Bau- und Umweltbehörden in Deutschland sowie dem internationalen Normungsprozess. Die Umweltdeklaration und deren Kern, die Ökobilanz basiert auf der internationalen Norm ISO 14025 sowie der 14040er Reihe. Gleichzeitig findet schon die ISO CD 21930 „environmental declarations of building products“ Berücksichtigung. Das Institut Bauen und Umwelt ist derzeit in Deutschland die einzige Organisation, die dieses Know-how hat und die konsequent nach den international abgestimmten Vorgaben zertifiziert. An der Prüfung ist ein unabhängiger Sachverständigen-Ausschuss aus Fachleuten von Hochschulen, dem Bauministerium, dem Umweltbundesamt sowie weiteren Experten auch von Umweltschutzverbänden, beteiligt. Das IBU-Siegel hat daher eine sehr hohe Aussagekraft, Akzeptanz und Glaubwürdigkeit.“

 

Welchen Sinn macht eine EU-weit einheitliche Umwelt-Produktdeklaration?

 

Peters: „Fakt ist, dass die europaweite Harmonisierung sowohl bei der Normierung als auch bezüglich Handel und Verkauf umgesetzt werden muss. Demnach werden in Zukunft alle Produkte im europäischen Markt gleichen Standards unterliegen.“

Werden Baustoffe mit EPDs teurer als vergleichbare ohne diese Zertifizierung?

 

Peters: „Sie werden mittelfristig sogar günstiger. Das liegt vor allem daran, dass künftig immer mehr Ausschreibungen die Umwelt-Produktdeklarationen zur Pflicht machen. Bei Baumaßnahmen des Bundes werden laut Aussagen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bereits ab 2009 Bauprodukte mit Umwelt-Informationen bevorzugt. Die Nachfrage wird sich also verschieben und damit auch die Preissituation zugunsten der zertifizierten Produkte beeinflussen.“

 

Wird eine Produktdeklaration möglicherweise gesetzliche Pflicht?

 

Peters: „Wir befinden uns zwar noch in den Anfängen aber mit der zukünftigen Bauprodukten-Richtlinie wird davon auszugehen sein, dass entsprechende Gesetzesvorlagen geschaffen werden und dies somit für Gebäude der öffentlichen Hand zukünftig Vorschrift wird. Private Investoren werden nachziehen; der „Nachhaltigkeits-Pass“ wird sich durchsetzen.“

 

 

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